Auf bewährte Initiative der gemeinnützigen Fördergesellschaft für Europäische Kommunikation (FEK e.V.) sind diesmal zwei voneinander geographisch weit entfernte europäische Regionen, die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien und die autonome spanische Provinz Andalusien in der Mitte Oberfrankens, also im Herzen Europas, zusammengetroffen, damit wir sie und sie sich besser kennenlernen.
Eine Begegnung in landschaftlich reizvoller Umgebung, bevölkerungsnah und ohne Sicherheitsproblem, mithin – seien wir ehrlich – europafreundlicher und heimatverbundener als das zeitgleiche «G 8 minus1»-Gipfeltreffen auf Schloß Elmau.
Motto der «Neudrossenfelder Europatage» war das «Europa der Regionen zwischen Vision und Wirklichkeit». Wer denkt da nicht gleich an etwas angejährte, einschläfernde Theorien überzeugter Föderalisten zur Eindämmung und Überwindung des Nationalstaates, um so den Nationalismus, die vermutete Hauptursache der letzten zwei Weltkriege (und etwaiger künftiger globaler Konflikte gleichen Ausmaßes) ein für allemal aus unseren Herzen zu vertreiben.
Die Konfrontation der Argumente im Schloß Neudrossenfeld war an diesen herrlichen Sommertagen hingegen viel spontaner und anregender als es der Erörterungsgegenstand der Tagung und das zur Muße einladende, sonnig-warme Juniwetter hätten vermuten lassen. Solide und gleichzeitig Neugier weckend war überdies auch der Titel des neuen und blendend gestalteten FEK-Magazins «Auf dem Weg nach Europa» das in mühevoller und aufopfernder Arbeit der Kollegiumsmitglieder Gerd und PD Dr. Wolfgang Otto mit sehr lesenswerten Beiträgen über politische Kernthemen der vergangenen zwölf Monate entstanden ist. Im Nu waren die Stapel der bereitgehaltenen Exemplare vergriffen.
Nur zu selten erlebt man Europa so erfrischend, wie auch in diesem Jahr wieder in Neudrossenfeld. Dieses oberfränkische Kleinod am Rotmain mit seinem neuerwachten Bräuwerck und angeschlossenen dörflichen Promenaden und Verweilplätzen ist ganz offensichtlich ein Ort ohne jeden Brüsselverdruß.
„Nicht jammern, sondern anpacken!“ „Was soll am Lissabon-Vertrag neu verhandelt werden, wenn er erst schlecht geredet wird?“ „Vielmehr sollte er Lehrgegenstand an den Schulen sein“, sag ich. Dazu Weißwürste und herrliches Bier.
Man sollte die Begriffe klären: Europa ist nicht die EU, und die EU ist noch nicht Europa. Die Fragen wurden nicht akademisch vertieft, doch es gab ein vom Moderator gut geführtes Gesprächsforum, mitreißende Ansprachen, eine Festrede mit bedenkenswerten Überlegungen zum Terminus «Heimat» als Ausdruck des menschlichen Bedürfnisses nach Zugehörigkeit, mit grenzüberschreitender Regionalarbeit wie etwa im kulturellen und wirtschaftlichen Interessenverbund der Nürnberger Metropolregion – Kommen, Staunen, Bleiben. Vielleicht hier der Schlüssel zu Europa?!
Von dem durch die französische Revolution eingeführten edlen und nach wie vor europaweit gültigen Dreiklang «Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit» scheinen die Bedürfnisse in Europa über «Einigkeit und Recht und Freiheit» im merkelschen Sinne zu etwas mehr «Frieden, Stabilität und Sicherung des Wohlstandes» zu gehen. Alles sehr wünschenswert und vertretbar; die Zukunft ist aber auch die angemessene Lösung für das Problem der Verantwortung Europas – etwa bei den Fluchtbewegungen – und seiner Stellung in unserer globalen Welt.
Hochkarätige Teilnehmer mit verblüffend guten Detailkenntnissen über das real existierende Europa, seine Schwächen, seine Chancen und die letzthin unumgängliche Notwendigkeit einer gelingenden europäischen Integration in den sich so rasch verschiebenden geostrategischen Kraftfeldern einer weltweiten Multipolarität, auf die wir uns mit der schwindenden Einzel- und Vormachtstellung Nordamerikas zwangsläufig zubewegen.
Gesprächsrunde mit Dr. Ingo Friedrich, S. E. Sašo Markovski, Mag. Dr. jur. Rudolf Graf von Logothetti, Fátima Blanco Villaverde, PhDr. Vicente Rodriguez, Prof. Dr. Zoran Jašić, Konsul Dr. Gerhard Krüger, PhDr. Jitka Pantůčková, Bernd Dieter Rill. Moderation: Gerd Otto
Foto: Thomas Weiss
Chapeau, denn solch exzellente Teilnehmer am Gesprächsforum, wie zum Beispiel S. D. Prinz Michael von und zu Liechtenstein – Präsident der FEK e. V., österreichischer Vizekanzler a. D. Dr. Erhard Busek, PhDr. Vicente Rodriguez, I. E. Adriana Stanescu – Botschafterin der Republik Rumänien, Fátima Blanco Villaverde – Tourismusexpertin aus Málaga, Bernd Dieter Rill – vormals Hans Seidel Stiftung, S. E. Sašo Markovski – Botschafter Mazedoniens in Berlin, Mag. Dr. jur. Rudolf Graf von Logothetti – M.A.I.A.(SAIS)-Bundesministerium für Landesverteidigung, Direktion für Sicherheitspolitik ret., Wien; Direktor des Zentrums für europäische und Internationale Studien der Akademie Schloß Triebenbach, PhDr. Jitka Pantůčková, Dr. Gerhard Krüger – Honorarkonsul Mazedoniens in Bayern sowie Botschafter a. D. Kroatiens Professor Dr. Zoran Jašić, Dr. Ingo Friedrich – Präsident des Europäischen Wirtschaftssenats und Jochen Kubosch – Leiter des Informationsbüros des EU-Parlamentes muß man heutzutage lange suchen.
Mazedonien, die ehemalige jugoslawische Republik, kann nicht verstehen, warum man es so lange vor den Toren der Union zappeln läßt, wo es doch die gestellten Bedingungen schon seit langem erfüllt zu haben meint. Abkehr von Europa daher nicht ausgeschlossen. Viele Teilnehmer fühlten sich beschämt und hätten, läge es an Neudrossenfeld, bis heute schon gerne anders entschieden.
Nationalismus als Quelle der Harmonie
Ein völlig ungewohnter Gedanke, doch hier gelingt auf einmal der Brückenschlag bis zur zweiten Gastregion der «Neudrossenfelder Europatage», nämlich bis in das farbenfrohe autonome Andalusien im Süden des spanischen Königreiches.